Windenergieanlagen, Infraschall & Gesundheit

Windenergie ist regenerativ und darüber hinaus sehr effizient. Die Anlagen erzeugen jedoch Geräusche – das ist bekannt und wird bei der Suche nach passenden Standorten bereits berücksichtigt. Darüber hinaus werden immer wieder Befürchtungen wegen des Infraschalls geäußert.

Dieses Thema ist sehr komplex. Die Zusammenhänge sind schon beim Hörschall nicht so einfach zu erklären und im Infraschallbereich wird alles noch einmal etwas komplizierter. Rund um Windenergieanlagen stehen zusätzliche Fragen im Fokus, insbesondere zu den befürchteten gesundheitlichen Wirkungen auf die Anwohner. Diese Fragen werden in dieser Publikation schrittweise erläutert. Dabei beziehen wir uns immer wieder auf wissenschaftlich belastbare Studien, denn derzeit arbeiten viele Forschungsgruppen an dem Thema.

EINFACH ERKLÄRT: FREQUENZ, WELLENLÄNGE, PEGEL

Schall besteht aus Schallwellen, also aus periodischen Luftdruckschwankungen. Diese Schwingungen breiten sich in der Luft mit über 340 Metern pro Sekunde aus, der sogenannten Schallgeschwindigkeit. Das entspricht mehr als 1.200 Kilometern pro Stunde. Wichtige Kenngrößen für die Ausbreitung sind Frequenz und Wellenlänge.

Die Frequenz kann man im übertragenen Sinn wie die „Tonhöhe“ verstehen. Sie wird in der Einheit Hertz (Hz) angegeben, wobei ein Hertz einer Schwingung pro Sekunde entspricht. Man unterscheidet folgende Bereiche:

Hörschall nennt man Frequenzen zwischen 20 und 20.000 Hertz. In diesem Bereich können wir Tonhöhe und Lautstärke unterscheiden: Hohe Töne haben eine hohe Frequenz, tiefe Töne eine niedrige. Im Bereich von Sprache und Musik ist unser Gehör sehr fein, wobei wir vor allem mittlere Frequenzen gut differenzieren können. Sehr tiefe Töne hören wir zwar, Tonhöhen können wir in diesem Bereich aber nur schwer unterscheiden.

Tieffrequenter Schall schwingt unter 100 Hertz. Er beginnt also bei den für Menschen noch hörbaren tiefen Tönen und umfasst zusätzlich den gesamten Infraschall.

Infraschall bezeichnet tieffrequenten Schall unter 20 Hertz (ISO 7196 1995). In diesem Bereich können Menschen keine Tonhöhen unterscheiden. Elefanten und Blauwale hingegen kommunizieren untereinander per Infraschall über große Entfernungen.

Illustration von Wellenlänge, Frequenz und Hörbarkeit
Abb.1: Die Hörbarkeit von Geräuschen hängt von der Frequenz ab. Die Wellenlänge steht in direktem Zusammenhang mit der Frequenz (s. doppelte Skala): Je höher die Frequenz ist, desto kürzer ist die Wellenlänge.

Schon die Alltagserfahrung zeigt, dass neben der Tonhöhe auch die „Lautstärke“ bestimmt, ob wir ein bestimmtes Geräusch hören können. Die Physik beschreibt das so: Wenn die Schallwelle stärker ausschwingt – bei größerer Amplitude – ist der Schalldruckpegel höher, der Ton also „lauter“. Verkürzt spricht man oft vom „Pegel“. Er wird in Dezibel (dB) angegeben.

Natürliche und künstliche Quellen

Bei natürlichen Quellen sind die Infraschall-Pegel oft deutlich höher als bei künstlichen Quellen. Zum Beispiel können Windböen sehr „laut“ sein – bis zu 135 Dezibel wurden schon gemessen (Borgmann 2005), was bei Hörschall in etwa einem militärischen Tiefflieger entsprechen würde. Zu den natürlichen lauten Quellen zählen:

  • Vulkanausbrüche, Erdbeben
  • Meeresbrandung, hoher Seegang
  • Schnee- und Geröll-Lawinen
  • stark böiger Wind, Stürme und Unwetter, Donner bei Gewitter

Viele künstliche Quellen erzeugen sowohl Hör- als auch Infraschall, oft mit rhythmischem Verlauf. Bei industriellen Anlagen sind an manchen Arbeitsplätzen sehr hohe Pegel möglich, jedoch eher in geschlossenen Räumen. Draußen sind die Pegel dagegen meist so niedrig, dass der Infraschall nicht wahrnehmbar ist. Einige Beispiele sind:

  • Energieerzeugungsanlagen (Biogasanlagen, Heizwerke, große Gasturbinen), Pump- und Umspannstationen, Wärmepumpen, Lüftungen, Verdichterstationen, Stanzen, Rüttler, Vibratoren, Kompressoren, Pumpen
  • Verkehrsmittel (Lkw, Schiffe, Flugzeuge, Strahltriebwerke, Hubschrauber)
  • Sprengungen und Explosionen
  • leistungsfähige Lautsprechersysteme (Diskotheken)

Auch bei Windenergieanlagen entsteht Infraschall: Zum einen streichen die Rotorblätter am Turm vorbei und erzeugen dabei Infraschall. Eine zweite Ursache sind Vibrationen in den Flügeln und im Turm. Zusätzlich entstehen auch Geräusche im gesamten Frequenzbereich, vor allem durch Turbulenzen an den Rotorblättern. Wie viel Infraschall entsteht, hängt im Wesentlichen von zwei Aspekten ab:

Die Flügel moderner Windräder sind groß und drehen sich langsam – etwa einmal pro Sekunde streicht ein Rotorblatt am Turm vorbei. Dabei erzeugen sie mehr Infraschall als kleinere Propeller, die sehr rasch drehen. Bei diesen entsteht dagegen deutlich mehr Hörschall.

Insgesamt entsteht bei modernen Anlagen relativ wenig Infraschall. Das liegt daran, dass die Flügel auf der dem Wind zugewandten Seite – also vor dem Turm – angeordnet sind. Dagegen streichen bei älteren Anlagen die Flügel hinter dem Turm vorbei und geraten regelmäßig in dessen Windschatten. So erzeugen sie wesentlich mehr Infraschall.